Streitmacht

Der GM findet nun auch endlich Zeit,
bei seiner Stammeinheit, dem PR5 nach dem Rechten zu sehen. Mit kräftigem Handschlag begrüßt er die ältesten und erfahrensten Panzerkommandanten. Wie immer erlaubt sich einer einen Scherz und hat die Hand vorher ordentlich in Motoröl und Granatenfett getaucht.

Da fühle ich mich gleich zu Hause...

Der GM geht mit dem Adju die Verlustlisten durch. Das seine Stammeinheit vernichtet wurde, schmerzt besonders.

Ich werde mal die Panzer Truppen Schule in Dresden anrufen, da gibt's eine ausgezeichnete Ausbildung.
Die Panzer werden wir erst später auffüllen können.

Hans Winter schaute sich das Gerät des 6. Panzerregimentes an, machte sich einige Notizen und unterbreite dem Oberst anschließend seine Vorschläge.

"Hier beim 6. sollten wir die Sdkfz 7/2 3,7cm Flak 36 durch 3,7 cm Flaks 43 oder Flak Panzer Möbelwagen ersetzen. Selbiges gilt für die Sdkfz 7/1 2cm Flak 38. Zu überlegen wäre außerdem, die Panzer IV G durch Panzer IV J sowie die Panzer V D durch Panther A zu ersetzen. Frage an dieser Stelle: stünde dem Regiment auch eine Anzahl an Tigern oder gar Königstigern zu?"

Hans nickte dem Oberst zu und ergänzte seine Notizen.

"In Ordnung, es würde vielleicht in der Tat Sinn machen, die Panzer III N durch Panzer IV H zu ersetzen. Ist notiert."

Der GL fährt mit seinem Gefolge bei den Panzern vor. Zum Obergefreiten gewandt sagt er

Wollen doch mal sehen, ob wir einen freien Wagen erwischen... für mich immer ein Muss, in einen Panzer zu steigen...

Hans musste schmunzeln. Der Generalleutnant war ein Panzermann der ersten Stunde, und man konnte förmlich das Leuchten in seinen Augen sehen, als sie vor den stählernen Kolossen des 6. Panzerregimentes standen.
Der Obergefreite nickte seinem Kommandeur zu und ging auf den befehlshabenden Offizier, einen Oberleutnant, zu.

"Guten Morgen, Oberleutnant... Pelzer, richtig?" fragte Hans.
"Jawohl", antwortete dieser zackig militärisch und nahm Haltung an.
"Fein! Schön, Sie wiederzusehen. Wir hatten ja bereits schon einmal das Vergnügen während unseres Manövers."
"Oh ja, ich erinnere mich. Sie auf der einen Seite, Oberleutnant von Harder auf der anderen. War ein tolles Gefecht von Ihnen beiden. Hätte der Feind zugesehen, hätte er sich wahrscheinlich eingenässt. Aber das wird er schon noch, wenn wir wieder losmarschieren und ihm gemeinsam in den Hintern treten." Pelzer zwinkerte dabei. Er schien motiviert bis in die Haarspitzen zu sein. Guter Mann.
"Ja, das wird er wohl tun. Doch zuvor würde der Herr Generalleutnant gern Platz in einem Ihrer Gefährte nehmen. Welches können wir uns kurz ausborgen?"
"Nehmen Sie die "Wilde Mathilde". Herr Obergefreiter!"
"Bitte wen?" Hans schaute verdutzt.
"Oh, 'tschuldigung! Den Panzer IV da vorn. Endstufe. Hat schon viel gesehen und noch mehr angerichtet. Folgen Sie mir bitte!"
Oberleutnant Pelzer ging voran, Hans und der Divisionskommandeur folgten ihm.
"Müller, runter von Mathilde! Genug am Panzerrohr gespielt. Der Generalleutnant möchte einmal Platz nehmen!" rief er in Richtung des Panzers, als sie diesen erreichten.
Aus dem Inneren des Panzer IV erschien ein junger Feldwebel, der flink hinunter kletterte und vor dem Divisionskommandeur Haltung annahm.
"Sie gehört ganz Ihnen, Herr Generalleutnant", sagte Pelzer zum Divisionskommandeur, dessen Augen noch immer leuchteten.

Der Oberleutnant musste schmunzeln, als der Generalleutnant voller Elan im Inneren des Panzers verschwand. Er zündete sich genüsslich eine Zigarette an.

"Oh, 'tschuldigung! Darf ich?" fragte er.
"Und wenn nicht? Blasen Sie sie dann wieder aus?" grinste Hans. "Sie dürfen, klar!" Er zündete sich seinerseits eine an. "Das kann nun etwas dauern, Pelzer."
"Macht nix, haben ja eh nix mehr vor heute, oder?" grinste dieser zurück. "Mathilde freut sich immer über Männerbesuch."
"Dann passt es ja", sagte Hans. "Woher kommen Sie? Höre ich da einen leichten Einschlag aus dem Ruhrpott?"
"Leicht? Ich bin geboren und aufgewachsen mitten in Gelsenkirchen. Also mit "leicht" ist da gar nix!" Der Oberleutnant lachte.
Hans lachte auch. "Also auch blau-weiß geprägt bis zum Gehtnichtmehr, nehme ich an."
"Ja sicher. Watt anneres gibbet bei uns zu Hause nich", antwortete Pelzer und verfiel bewusst in diesen typischen Ruhrgebiets-Dialekt.
"Guter Mann, Pelzer", zwinkerte Hans.
Und Sie, Herr Obergefreiter? Woher kommen Sie?
"Aus den Tiefen des Bergischen Landes"
"Oha, weiß man da, dass ein Fußball rund ist und man nicht reinbeißen darf?" scherzte der Oberleutnant.
Hans lachte laut auf. "Gerade so...!"

Gemeinsam rauchten sie in Ruhe zu Ende, unterhielten sich über dies und das und warteten, bis der Generalleutnant sein "Rendezvouz" mit der "Wilden Mathilde" beendet hatte.

Hans brach früh am Morgen auf. Niemand wusste etwas von der Aktion, die er überraschenderweise geplant hatte - niemand außer sein Sekretär, der Gefreite Hausman, sowie Oberleutnant von Harder von der Nachschub-Kompanie. Dieser versorgte ihn neben Süßigkeiten mit einem langen roten Kapuzenmantel und etwas Watte, die sich Hans ins Gesicht klebte.

Beim Panzer-Regiment 6 erschien ein rot gekleideter und bärtiger Mann mit einem langen Holzknüppel als "Gehhilfe" sowie einem braunen Leinensack, den er über den Rücken geworfen trug. Verdutzt schauten sich die Soldaten an, doch dann begriffen sie: es war der Nikolaus, der sie an diesem Morgen des 6. Dezember 1944 "aufsuchte". Hans genoss dieses Schauspiel. Es war ihm wichtig, diese Tradition aufrecht zu erhalten und den Soldaten, die an diesen Tagen nicht bei ihren Familien sein konnten, ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Somit verteilte er Schokoladen an seine Kameraden und ermahnte jeden, auch im nächsten Jahr wieder gehorsam zu sein - ansonsten ließe er den Knüppel sprechen. Nach einer Weile ging er wieder davon.