[Einsatz] Höhenaufklärung Ita/Jug

[Ernst Rudorff]

Die vier Piloten der Aufklärungsstaffel treffen heute mit dem Zug in Klagenfurt ein. Der Staffelkapitän Major Scholz hatte bei der Abfahrt noch einen dicken, versiegelten Umschlag in Empfang genommen, der den Kampfauftrag nebst einigen Übersichtskarten beinhaltet. Gespannte Blicke richten sich auf den Major, der schmunzelt zum Besten gibt

Meine Herren, nicht hier und nicht jetzt!
Lassen Sie uns erst mal richtig ankommen. Das ist kein Thema für eine Zugfahrt. Alles weitere im Flotten Hauptquartier.

[Ernst Rudorff]

Am Bahnhof warten bereits zwei Kübel,
die die Piloten in das etwas außerhalb liegende HQ der Luftflotte bringen.

[Ernst Rudorff]

Nach halbstündiger Fahrt fahren die beiden Kübel in einen schwer bewachten und abgesperrten Militärkomplex hinein.
An einem abgetarnten Flugfeld vorbei geht es an weiteren Kontrollpunkten zum Stabs- und Wohngebäude. Hier werden die Piloten sogleich
vom OvD in Empfang genommen. Man begrüßt sich herzlich, anscheinend alles ehemalig oder erfolgreich gediente LW- Soldaten. In komfortabel
eingerichteten Unterkünften können sich die Piloten erst mal frisch machen. Dann geht's zum gemeinsamen Abendessen. Der Major ist sichtlich
begeistert.

Donnerwetter, weiße Bettwäsche, jetzt Rotwein und Brathuhn...na, die verwöhnen uns aber hier ganz schön.


Der ebenfalls am Tisch sitzende Generalmajor, ehemaliger Aufklärungspilot im 1.WK tönt mit jovialer Stimme dazu

Kein Angst, mein Lieber, das ist hier Standard. Für die besten, das Beste!
Wenn ich eines gelernt habe, dann das: Genieße jeden Tag, am nächsten kann dir schon das Flugzeug unterm Arsch weggeschossen werden, Ha, Ha, Ha...

Nachdem sich der GM wieder eingekriegt hat sagt er unvermittelt ernst

Im Übrigen, wir hier am Tisch sehen uns morgen Punkt 9 Uhr im Lagebesprechungsraum. Dort erhalten Sie die
Einweisung zu Ihrem Kampfauftrag!

[Ernst Rudorff]

Am nächsten Tag findet nun die Einsatzbesprechung statt. Die vier Piloten werden in das große Lagebesprechungszimmer geleitet. Neben einigen Offizieren steht hier der ältere General vom Vorabend an der großen Wandkarte, die mit Fähnchen, Sichtkreismarkierungen und Hinweiszetteln gespickt ist.
Nachdem alle Berechtigten sich im Raum eingefunden haben, gibt der General ein Zeichen an seinen Adju, worauf dieser die große Flügeltür schließt.

Meine Herren, die Lage!

[Ernst Rudorff]

Der General fährt nun wahllos über die große Wandkarte und erklärt dabei

Das Reich steht im Kampf an der Westfront und wie wir in jüngster Zeit gesehen haben, ist das kein Selbstlauf! Augen auf und Arschbacken zusammenkneifen, das ist die oberste Maxime! Die Briten und Franzosen sind keine schlechte Piloten, aber sie wissen mit ihrem zweitklassigen Material hervorragend umzugehen. Das darf man nicht unterschätzen.


So, nun zu Ihnen!

Dabei zeigt er auf die vier Piloten

Wie mir zugetragen wurde, gibt es ein Abkommen mit den Italienern. Unter uns, schmeckt mir gar nicht. So gern ich auch an den Strand der Adria fahre und mir eine feurige Italienerin den Wein reicht... Das wir mit stolzer Heldenbrust für andere Einsätze fliegen geht mir gegen den Strich. Einerlei, der OB hat entschieden und wir führen Befehle aus, Punkt. Mit den Italienern gibt es eine Vereinbarung... für einen Zeitraum von vier Tagen haben wir einen freien Luftkorridor entlang der Linie...

Nun fährt der General mit einem großen Zeigestock an der italienisch jugoslawischen Grenze entlang

...Klagenfurt - Görz - Montfalcone - Triest.


Kampfauftrag für Sie:

Entlang dieser Linie haben Sie mit unseren neuen Wundervögeln auf Höhe 10.000 Aufnahmen zu machen. Möglichst bei freier Sicht und ohne Wolken ... und sich dabei nicht erwischen zu lassen.
Die Italiener fliegen auf der linken Seite Sperre und geben wenn nötig Rückendeckung. Aber darauf würde ich mich nicht verlassen.

Startzeit morgen 7 Uhr. Flugkarten befinden sich bereits an Bord. Nach Landung Meldung bei mir persönlich! Stillschweigen setzte ich voraus, sonst wären Sie nicht ausgewählt worden. Erkennungsmarken sind abzugeben.

Noch Fragen?

Die Piloten antworten wie aus einem Munde

Nein, Herr General!


In Ordnung. Viel Erfolg!

Weggetreten!

[Ernst Rudorff]

Am frühen Morgen geht's für die vier Piloten zur Einsatzbesprechung. Über Norditalien und der Adria hängt seit Wochen ein Hochdruckgebiet. Klare Sicht ist also vorhanden. Die beiden Ju 86 R stehen voll aufgetankt bereit, die Reihenbildkameras wurden mit Filmrollen bestückt. Noch ein letztes aufmunterndes Gespräch...

[Ernst Rudorff]

Bei bestem Wetter starten die beiden Ju 86 R vom Flugplatz Klagenfurt Richtung Süden. Leicht seitlich versetzt, im Abstand von 200m, steigen die Aufklärer auf die befohlene Reiseflughöhe. Im Osten kommt die Sonne allmählich über die Gebirgsformation, so dass die Piloten sich kurz den Blendschutz vorhalten müssen. Nach einer halben Stunde erreichen die beiden Maschinen die Grenzregion zu Italien/Jugoslawien. Nun werden die Reihenbildkameras aktiviert. Auf 10.200m Höhe ist nun außer dem leichten Rauschen des Windes, kleineren Vibrationen im Cockpit und dem sonoren Brummen der Triebwerke nichts zu hören. Währenddessen unterhalten sich die Piloten in den jeweiligen Flugzeugen.

Mann, was für ein Anblick! Und weit und breit nichts zu sehen von Abwehr. Vermutlich ist das hier so frech, dass keiner damit rechnet.
Müssen nur aufpassen, dass wir die Flugkoordinaten einhalten. Lassen Sie uns noch mal auf die Flugkarte schauen...


Die Kontrolle ist fast unnötig, da es sich bei den Piloten um alte Hasen handelt. Die Abweichung ist minimal, so dass die Piloten nur die Abdrift durch die Höhenwinde
korrigieren müssen.

[Ernst Rudorff]

Links unterhalb der Flugzeuge kommt ein Flusslauf in Sicht. Der Major ist freudig erregt und erzählt seinem Co Piloten

Schauen Sie mal scharf nach links unten, das müsste der Isonzo sein. Da hat mein Vater bei den Isonzo Schlachten 1915-1917 gekämpft. War ja damals noch kuk Monarchie. Aber immerhin als Artillerie Offizier eingesetzt. Hat mir immer davon erzählt. Scheußliche Grabenkämpfe mit den Italienern. Seit dem wusste ich, nur die Luftwaffe kommt für mich in Frage. Kein Dreck und keine Ratten...

[Ernst Rudorff]

Die beiden Flugzeuge erreichen nun die Gegend von Montfalcone. Hier scheinen neben einer Bucht mit Zugang zur Adria auch größere Industrieanlagen zu liegen. Diesmal kann einer der Co Piloten mit Detailwissen aufwarten.

Auf der jugoslawischen Seite sieht man ja leider nicht so viel, da müssen nachher die Spezialisten von der Fotoentwicklung ran. Aber bei den Italienern, vorne rechts, erkennt man Hafenanlagen. Da bauen die Italiener ihre U-Boote. Nicht so leistungsfähig wie unsere, aber immerhin. Müssen wir den Kameraden mal einen Tipp geben, das müssen die besser tarnen, sonst wird das irgendwann zum Klump geschmissen.

In weitem Bogen drehen die Maschinen nun nach rechts in Richtung Ihres Zielflughafens. Da kommt auch schon der Anruf von der Bodenleitstelle...

[Ernst Rudorff]

Nach der sicheren Landung werden die Piloten von italienischen Kameraden herzlich begrüßt.
Ein deutscher Verbindungsoffizier mit Begleitwache lässt die Filmrollen sicherstellen und führt die Piloten in das Stabsgebäude des Flugplatzes Triest.

[Ernst Rudorff]

Im Stabsgebäude müssen die Piloten dem dortigen Standortkommandanten ausführlich berichten. Der deutsche Verbindungsoffizier hat die Filmrollen gesichert und erklärt mühsam, dass das Filmmaterial "noch" deutsches Eigentum ist. Das Angebot, die Filmrollen vor Ort entwickeln zu lassen wird energisch abgelehnt. Nachdem alles besprochen wurde und nach der Zusicherung, relevante Aufklärungsergebnisse mitzuteilen, werden die Piloten verabschiedet. Die Piloten lassen die Ju 86 noch durchsehen und dann fliegen die beiden Maschinen zurück nach Klagenfurt. Der deutsche Verbindungsoffizier fährt aus Sicherheitsgründen mit dem Zug.

[Ernst Rudorff]

Die beiden Ju 86 sind in Klagenfurt sicher gelandet. Der deutsche Verbindungsoffizier trifft nach kurzer Bahnfahrt ebenfalls ein und übergibt die Filmrollen zur Entwicklung. Nun sind alle gespannt,
ob es lohnende Ziele im überflogenen Grenzgebiet gibt.

[Ernst Rudorff]

In der Filmauswertungsstelle werden nun die ersten Abzüge erstellt. Dann wird der Verbindungsoffizier zum Generalmajor und Flughafenleiter gerufen, es soll eine erste Auswertung geben. Die Piloten dürfen aufgrund der Geheimhaltungsstufe nicht teilnehmen und werden auf später vertröstet. Der Filmvorführer ist mehr als aufgeregt und legt die Auswertung auf den Projektor. Die entscheidenden Aufnahmen lösen ein leichtes Raunen bei den auserwählten Betrachtern aus:





Nachdem alle Bilder gezeigt wurden entscheidet der Generalmajor zu den umsitzenden Offizieren

Tja, meine Herren, das Material ist eindeutig und bedarf der sofortigen Vorlage beim OBdL. Machen Sie bitte ein entsprechendes Telegramm fertig.
Das hat sich ja gelohnt...

[Ernst Rudorff]

Der Flughafenkommandant lässt sich eine Bestätigung über das FT an den OBdL zeigen.
Die vier Piloten bekommen derweil Sonderausgang und sind vom Dienst befreit.

[Croaker]

Gefühlte Ewigkeiten nach seiner Abreise aus Berlin, trifft der Oberbefehlshaber der Luftwaffe in Klagenfurt ein.
Auf der Fahrt (aus Geheimhaltungsgründen verzichtete man auf einen Direktflug und nahm wohl auch einige unplanmäßige Umwege in Kauf), erreichte den General auch die Kunde, dass seine Anwesenheit vor Ort explizit erwünscht sei.
Entsprechend entnervt über die Verzögerung, ist der General dann auch, als ihn der Stabswagen von Bahnhof in Klagenfurt abholt.

Guten Morgen, die Herrschaften!
General Beilschmidt, ich grüße Sie!
Stehen Sie bequem!

Der General reicht dem Standortkommandanten die Hand. Im Anschluß wischt er sich mit einem Tuch Schweiß von der Stirn und wedelt etwas mit seiner bereits beim Eintreffen geöffneten Uniformjacke.

Schön haben Sie es hier, ist aber verflucht schwül...
Aber ich bin ja offenbar hier, um mir etwas anzusehen.
Ich muss sagen, ich bin schon sehr gespannt!